Der kürzlich erschienene Plastikatlas der Heinrich-Böll-Stiftung und des BUND präsentiert auf über 50 Seiten und in zahlreichen Grafiken erstmalig Zahlen und Fakten rund um eine Welt voller Kunststoffe und informiert über Ursachen, Treiber, Auswirkungen und die globalen Zusammenhänge der Plastikkrise.
Plastik im Boden, im Wasser, in der Luft. Wir essen Plastik, tragen Plastik als Kleidung am Körper und cremen uns mit Mikroplastik in Kosmetik das Gesicht. Der nun veröffentlichte „Plastikatlas“ der Heinrich-Böll-Stiftung und des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) umreißt das Ausmaß der Plastikkrise und verdeutlicht: Die tatsächlichen Gründe für die Verschmutzung unserer Umwelt mit Plastik sind nicht ein Problem der Entsorgung oder der Verbraucherinnen und Verbraucher. Hauptursache sind insbesondere international agierende Unternehmen, die ihren Verantwortlichkeiten nicht nachkommen und stattdessen sogar eine Ausweitung der Plastikproduktion planen.
Die globale Plastikflut wächst exponentiell und unkontrolliert. Seit Beginn der Plastikproduktion Mitte des 20. Jahrhunderts wurden rund 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoffe produziert – davon mit 44 Prozent beinahe die Hälfte erst seit dem Jahr 2000. Das entspricht mehr als einer Tonne Plastik pro Kopf der heutigen Erdbevölkerung. Jedoch gibt es regional sehr große Unterschiede: In den USA fallen zum Beispiel im Jahr fünf Mal mehr Müll pro Kopf an als in Indien.
„Alle Welt redet über Plastik. Das ist gut so. Doch wir haben ein unvollständiges und verzerrtes Bild davon, wer und was die globale Plastikkrise verursacht und wie wir sie anpacken müssten. Verbote von Strohhalmen, Einwegbechern und Tüten sind ein erster Schritt, sie werden jedoch eine der größten Umweltkrisen, die den ganzen Planeten erfasst, nicht beenden“, sagt Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung.
„Bis heute sind ExxonMobil, BASF, Eni, INEOS, und Dow die größten Plastikproduzenten weltweit. Sie beherrschen mit insgesamt fast 420 Milliarden Euro Umsatz den globalen Markt und planen, die Produktion in den nächsten Jahren weiter auszubauen – nicht zuletzt als Alternativstrategie, falls Energie- und Mobilitäts-Wende an Tempo gewinnen. Die massenhafte Verfügbarkeit der billigen Plastikrohstoffe Erdöl und Erdgas ist zugleich der Grund dafür, dass faktisch kaum recycelt wird und eine echte Kreislaufwirtschaft in der Kunststoffindustrie nicht in Gang kommt. Hier muss jede Strategie zur Überwindung der Plastikkrise ansetzen: Die Politik muss die großen Plastik- und Konsumgüterkonzerne in die Verantwortung nehmen“, so Unmüßig weiter.
Tatsächlich wurden nur neun Prozent des gesamten weggeworfenen Kunststoffs seit 1950 recycelt. Heute liegt die Recyclingquote von Plastikverpackungen global immer noch bei nur 14 Prozent, wobei es sich überwiegend um ein Downcycling zu minderwertigen Produkten handelt. Weitere 40 Prozent enden auf Mülldeponien und 14 Prozent in Verbrennungsanlagen. Die restlichen 32 Prozent gehen in die Umwelt, auf Mülldeponien, in Meere und andere Gewässer. Oder sie werden unkontrolliert verbrannt.
In Deutschland sind die Recyclingquoten offiziell relativ hoch. Im Jahr 2016 lagen sie bei 45 Prozent. Sie täuschen jedoch darüber hinweg, dass sie sich lediglich auf die Anlieferung bei einem Recyclingunternehmen, nicht aber auf den wirklich recycelten Output beziehen. Nimmt man die Gesamtmenge der anfallenden gebrauchten Kunststoffprodukte – im Fachjargon „Post-Consumer“ genannt – als Grundlage, wird in Deutschland nur etwa 15,6 Prozent zu Rezyclat verarbeitet. 7,8 Prozent sind mit Neukunststoff vergleichbar. Diese Menge wiederum macht 2,8 Prozent der in Deutschland verarbeiteten Kunststoffprodukte aus. Von einer Kreislaufwirtschaft kann also kaum gesprochen werden.
BUND und Heinrich-Böll-Stiftung fordern von der Politik wirksame Maßnahmen zur weltweiten Lösung der Plastikkrise, die vor allem auf eine Reduktion von Produktion und Konsum von Plastik setzen. Neben Gesetzen zum Endverbrauch müssten jetzt insbesondere die Hersteller und die petrochemische Industrie als Hauptverursacher in die Pflicht genommen werden. sk
Nachfolgend finden Sie die interessantesten Grafiken aus dem Plastikatlas:















